Zunächst einmal ist es wichtig, zu verstehen, wie ein solcher Zyklus bei Hündinnen überhaupt abläuft. Das alles funktioniert nämlich etwas anders als bei uns Menschen!
Während Menschen zum Beispiel nicht schwanger werden können, wenn sie menstruieren, ist das bei Hunden genau anders herum.
Tatsächlich ist die Läufigkeit der Hündin gar keine Menstruation!
Spricht man vom menschlichen Menstruationszyklus ist damit nämlich der Zeitraum zwischen dem Anfang einer Monatsblutung und dem Anfang der nächsten Monatsblutung gemeint. Während der Menstruation (Monatsblutung) werden Schleimhäute, die sich in der vorherigen Zyklusphase aufgebaut haben, aus dem Körper abgestoßen, also Monatsblutung = Abstoßen dieser Schleimhautbestandteile (die nur bei einer Schwangerschaft benötigt würden).
Eine Hündin wiederum stößt keine Gebärmutterschleimhaut ab. Sie baut sie um. Die Blutung der Hündin entsteht dann auch nicht beim Um-, sondern beim Aufbau der Gebärmutterschleimhäute während der Läufigkeit. Die Schleimhäute wachsen sehr schnell (die Vulva schwillt sichtlich an) und werden so stark durchblutet, dass es durch minimale Verletzungen der Blutgefäßchen zu Blutungen kommt. Schon die Ursache der Blutung ist also eine andere als beim Menschen. Dies ist die erste Phase der Läufigkeit, der
Proöstrus
Merkmale:
- Hündin beginnt für Rüden attraktiv zu riechen, ist von ihren Verehrern aber noch wenig besteistert
- Vulva schwillt an, dunkelroter blutiger Ausfluss (Intensität von Hündin zu Hündin unterschiedlich)
- Hündin ist noch nicht fruchtbar! Die Eizellen reifen gerade heran
- Dauer durchschnittlich neun Tagen (starke Variation möglich)
- der Östrogenspiegel steigt langsam an
Ist die Gebärmutterschleimhaut nun ausreichend aufgebaut, so dass sich die befruchteten Eizellen in ihr einnisten könnten, stoppt das Wachstum. Das Blut wird weniger und viel heller.
Es beginnt die zweite Phase der Läufigkeit, der
Östrus,
auch Standhitze genannt
Merkmale:
- Blutung wird weniger und blasser
- die Vulva schwillt nicht weiter an, bei manchen Hündinnen sieht man, dass sich nun am äußeren Rand der Vulva kleine Fältchen bilden
- die Hündin MÖCHTE nun gedeckt werden und bietet sich den Rüden an
Wenn du mit du deiner Hand über ihren Rücken fährst, wird sie ab einem bestimmten Punkt die Rute beiseitelegen (Duldehaltung). - in der Literatur liest man auch hier von einer durchschnittlichen Dauer von neun Tagen, aber auch hier varriert diese Zeit von Hündin zu Hündin mitunter stark
- der Östrogenspiegel erreicht seinen Höhepunkt, das Hormon LH wird ausgeschüttet, um die Eisprünge auszulösen (LH-Peak), dann steigt der Progesteron-Spiegel deutlich und schnell an. Progesteron wird auch als Schwangerschaftshorm bezeichnet.
- die Hündin ist fruchtbar
Wäre deine Hündin gedeckt worden, würde das Progesteron nun dafür sorgen, dass die Trächtigkeit erhalten bleibt. Das Hormon wird aber unabhängig davon ausgeschüttet, ob deine Hündin tatsächlich gedeckt wurde und aufgenommen hat. Sie befindet sich nun im
Diöstrus/Metöstrus
Merkmale
- deine Hündin ist nicht mehr läufig
- die Phase der
Scheinträchtigkeit
beginnt
- ist die Hündin gedeckt worden, befinden wir uns nun in der Phase der
Trächtigkeit
(ca. 63 Tage)
Die Natur hat sich etwas dabei gedacht, dass der Hormonhaushalt einer nicht trächtigen Hündin mit der einer trächtigen Hündin übereinstimmt. Denn in zusammenlebenden Rudeln sind die Hündinnen (Wölfinnen) in der Regel gleichzeitig läufig. Gedeckt wird aber nur die Leithündin.
Passiert dieser nach der Geburt ihrer Welpen etwas, können die anderen weiblichen Tiere als Ammenhündinnen einspringen und die Kleinen versorgen. Ohne vorangegange Scheinträchtigkeit wären sie hierzu körperlich jedoch nicht in der Lage.
Auch deine Hündin, die
nicht
im Rudel lebt und
keine Kinder anderer Mütter zu versorgen hat,
befindet sich nun hormonell in der
Scheinmutterschaft.
Hier zeichnet sich vor allem das Prolaktin, das Elternhormon, verantwortlich.
Diese Phase ist es, die vielen Hündinnen emotional zu schaffen macht. Sie bemuttert Kuscheltiere, ihr schießt Milch ein, sie sucht nach Welpen. Natürlich kann sich dies auch körperlich auswirken. Andere Hündinnen hingegen kommen mit dieser Phase recht gut zurecht. Sie sind zwar eher gemütlich unterwegs und schonen sich als müssten sie nicht nur für sich selbst sorgen (oft fehlinterpretiert als depressives Verhalten), merken dann aber doch, dass es keine Welpen zu versorgen gibt und der Hormonspiegel normalisiert sich wieder.
Nun befindet sich deine Hündin in der letzten Phase ihres Zyklus der
Ruhephase/Anöstrus
Ab jetzt beginnt der Zeitraum bis zur nächsten Läufigkeit. Die Gebärmutter kommt zur Ruhe. Hat die Hündin tatsächlich eine Trächtigkeit hinter sich, hat der Körper Zeit zu regenerieren und all die kleinen Verletzungen zu heilen, die in den letzten Monaten entstanden sind. Der emotionale Zustand normalisiert sich ebenfalls wieder. Bis es dann mit dem nächsten Proöstrus wieder von vorne los geht.
Grundsätzlich ist die Scheinträchtigkeit und auch die Scheinmutterschaft also ein völlig normaler hormoneller Zustand. Keine Krankheit, sondern ein Zustand! Natürlich müssen hieraus manchmal entstehende medizinische Probleme behandelt werden. Häufig gibt es aber keine medizinischen Probleme und die emotionalen Probleme werden von wohlmeinenden Haltern erst zu echten Problemen gemacht.
Man ist also gut damit beraten, die Kirche im Dorf zu lassen!
Du musst kein Mitleid mit deiner Hündin haben! Sie ist nicht krank! Reagierst du miteidig, besorgt und tröstend verschlimmerst du ihren emotionalen Zustand!
Jetzt ist nicht die Zeit, sich einzuigeln und nur drinnen auf dem Sofa zu kuscheln. Jetzt ist die Zeit, mit deiner Hündin etwas zu unternehmen! Sie soll aktiv werden, sich bewegen, sie soll etwas erleben, sie soll merken, dass Leben so viel mehr bereit hält als sich um imaginäre Babies zu kümmern.
Und ganz wichtig: Sowohl in der Scheinträchtigkeit als auch in der Scheinmutterschaft gilt: Hände weg vom Bauch! Du kannst deine Hündin überall kraulen und streicheln und sanft massieren, aber tu ihr den Gefallen und lass Bauch und Gesäuge aus, du willst doch ihren Milchfluss nicht auch noch mechanisch anregen, nicht wahr?
Es hat sich außerdem bewährt, die Hündin in dieser Zeit mit dem Futter eher knapp zu halten. Du sollst sie natürlich nicht hungern lassen, aber ein Nahrungsüberangebot fördert ihr Brutpflegeverhalten nur noch mehr. Setz sie nicht wirklich radikal auf Diät, aber achte jetzt besonders auf die schlanke Linie.
Zur psychischen Unterstützung eignen sich in der Zeit zum Beispiel auch Bachblüten sehr gut. Mit aromatherapeutischen Ansätzen lassen sich die Lebensgeister ebenfalls wecken.
Hat deine Hündin jedoch körperliche Beschwerden, gehört sie natürlich in tierärztliche Behandlung.
Ist deine Hündin zum ersten Mal läufig, denk bitte daran, dass das auch für sie eine völlig neue, ungekannte Situation ist, die mitunter überfordernd sein kann. Sei für sie da, aber bemitleide sie nicht. Und gib ihr die Chance, in diese neue Rolle bzw. Lebensphase hineinzuwachsen. Das gehört zum Erwachsenwerden dazu und ist sehr wichtig für ihre geistige Entwicklung und Reife.
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Hast du noch Fragen rund um Läufigkeit, Scheinträchtigkeit & Co. dann schreib es mir gerne in die Kommentare, damit wir darüber sprechen können.